Navigieren im Kanton Schwyz

Motorisierter Verkehr auf der Sägelstrasse

Beantwortung der Kleinen Anfrage KA 13/18

  1. Wortlaut der Kleinen Anfrage

Am 14. September 2018 hat Kantonsrat Dr. Daniel Woodtli folgende Kleine Anfrage eingereicht:

«Die Sägelstrasse führt mitten durch ein Naturschutzgebiet von nationaler Bedeutung (BLN 1604, Lauerzersee), welches besonders wertvoll ist und deshalb unter besonderen Schutz gestellt wurde. Ein sorgsamer Umgang mit dieser Landschaft trägt wesentlich zur alltäglichen Erholung sowie zur touristischen Wertschöpfung bei.

Die täglich stark befahrene Bezirksstrasse stellt für Menschen, die das Gebiet als Freizeit- und Naherholungszone rege benutzen, ein hohes Gefahrenpotenzial dar. Der in den letzten Jahren stetig stärker gewordene motorisierte Mehrverkehr führte darüber hinaus zu einer übermässigen Abnutzung der Nebenstrasse, welche aus Gründen des Naturschutzes nicht adäquat saniert werden kann. Die Nutzung des Wanderwegs als Autobahnzubringer mit Tempo 60 km/h ist weder im Sinne der Verordnung über das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler vom 29. März 2017 (VBLN, SR 451.11) noch steht dies im Einklang mit dem Bundesgesetz über Fuss- und Wanderwege vom 4. Oktober 1985 (FWG, SR 704).

Die Sägelstrasse wird bekanntlich als Bezirksstrasse vom Bezirk Schwyz verwaltet. Der Regierungsrat verneinte bisher seine Zuständigkeit (vgl. Richtplan Kanton Schwyz V-2.1-02 und Erläuterungsbericht Nutzungsplanung Lauerzersee-Sägel-Schutt vom 27. Januar 2014 § 9a.) Der Regierungsrat trägt für die unhaltbare Situation jedoch Verantwortung:

  • In § 3 Bst. k der Verordnung zum Schutze der Gebiete Sägel und Schutt sowie des Lauerzersees vom 16. Dezember 1986 (SRSZ 722.211), untersagt der Regierungsrat das Fahren und Parkieren im gesamten Schutzgebiet für Unbefugte; mit Ausnahme der Sägelstrasse;
  • Gemäss Art. 3 des eidgenössischen Strassenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 1958 (SVG, SR 741.01) sind Kantone befugt für bestimmte Strassen Fahrverbote, Verkehrsbeschränkungen und Anordnungen zur Regelung des Verkehrs zu erlassen;
  • Andere Beschränkungen oder Anordnungen können erlassen werden, soweit die Sicherheit, die Erleichterung oder die Regelung des Verkehrs, der Schutz der Strasse oder andere in den örtlichen Verhältnissen liegende Gründe dies erfordern.

Die Sägelstrasse ist strassenbaulich in einem äusserst schlechten Zustand. Die Fahrbahnränder sind beidseitig unterspült und ausgewaschen, der Strassenbelag ist uneben, rissig und neben den Ausbesserungen entstehen bereits wieder neue Schlaglöcher im Belag. Selbst für den motorisierten Verkehr ist die Strasse mittlerweile gefährlich geworden, sodass dringend Massnahmen nötig sind. Für den Unterhalt der Sägelstrasse ist zwar der Bezirk Schwyz zuständig, dieser muss laut Gesetz jedoch vom Regierungsrat beaufsichtigt werden:

  • Im Gesetz über die Organisation der Gemeinden und Bezirke vom 25. Oktober 2017 (Gemeindeorganisationsgesetz, GOG, SRSZ 152.100), wird der Regierungsrat mit § 84 verpflichtet, die Gemeinden und Bezirke zu beaufsichtigen.
  • Laut § 11 des Schwyzer Strassengesetzes vom 15. September 1999 (StraG, SRSZ 442.110), „hat der Strassenträger die Strassen so zu unterhalten, dass sie in ihrer Substanz erhalten bleiben und zweckentsprechend genutzt werden können“.

Die Sägelstrasse dient als Wanderweg:

  • Gemäss Art. 6b FWG sorgen die Kantone dafür, dass „Wanderwege frei und möglichst gefahrlos begangen werden können“.
  • Gemäss Art. 7 FWG ist für angemessenen Ersatz durch vorhandene oder neu zu schaffende Wege zu sorgen, müssen die in den Plänen enthaltenen Fuss- und Wanderwegnetze oder Teile davon aufgehoben werden.
  • Gemäss den Art. 7c und 7d sind diese insbesondere zu ersetzen, wenn sie auf einer grösseren Wegstrecke stark befahren oder für den allgemeinen Fahrverkehr geöffnet werden oder auf einer grösseren Wegstrecke mit Belägen versehen werden, die für Fussgänger ungeeignet sind.
  • Mehrere Bundesgerichtsurteile unterstreichen den besonderen Schutz von Wanderwegen. So erwog das Bundesgericht (Urteil 1C_105/2016 Ziffer 3.3) zum Beispiel Folgendes: „Wenn ein Wanderweg bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits auf einer grösseren Strecke für den allgemeinen Fahrverkehr geöffnet oder Verkehrsbelastungen ausgesetzt war, löste dies keine Ersatzpflicht aus. […] Bei einer neu eintretenden Verschlechterung [z.B. stark befahren werden] im Sinne von Art. 7 Abs. 2 FWG eine Ersatzpflicht zu verneinen, wäre dagegen mit dem genannten Gesetzeszweck nicht vereinbar.“

Aufgrund der genannten Umstände bitte ich den Regierungsrat um Beantwortung folgender Fragen:

  1. Womit begründet der Regierungsrat die Ausnahmeregelung der Sägelstrasse vom generellen Fahrverbot für Unbefugte im Schutzgebiet?
  2. Wie beurteilt der Regierungsrat aufgrund der aktuellen Gesetzeslage und bundesrichterlichen Rechtsprechung die rechtliche Situation bezüglich des Wanderweges?
  3. Ist die Ausnahme vom generellen Fahrverbot aus heutiger Sicht rechtlich (FWG, VBLN) haltbar?

Für die Beantwortung meiner Fragen bedanke ich mich im Voraus bestens.»

  1. Beantwortung der Fragen
    1. Womit begründet der Regierungsrat die Ausnahmeregelung der Sägelstrasse vom generellen Fahrverbot für Unbefugte im Schutzgebiet?

Die Sägelstrasse führt durch die folgenden, sich überlagernden Schutzgebiete: auf rund 800 Metern durch das kantonale Naturschutzgebiet Lauerzersee-Sägel-Schutt, auf rund 1540 Metern durch das BLN-Gebiet Nr. 1604 „Lauerzersee“ und durch die Moorlandschaft Nr. 235 „Sägel/Lauerzersee“, beides Landschaften von nationaler Bedeutung, sowie auf Abschnitten von insgesamt circa 960 Metern durch oder entlang des Flachmoors Nr. 3024 „Sägel“ von nationaler Bedeutung. Das BLN-Gebiet wurde im Jahr 1977 vom Bund bezeichnet. Seit dem 1. Januar 1987, mit dem Inkrafttreten der Verordnung zum Schutze der Gebiete Sägel und Schutt sowie des Lauerzersees vom 16. Dezember 1986 (SRSZ 722.211) besteht das kantonale Naturschutzgebiet. Das Flachmoorobjekt Sägel ist seit dem 1. Oktober 1994 nationales Schutzobjekt, die Moorlandschaft seit dem 1. Juli 1996.

Neben ihrer Nutzung durch den Langsamverkehr (vor allem Fussgänger und Velofahrer) hat die Sägelstrasse eine wichtige Funktion als Zubringer für Motorfahrzeuge aus der Gemeinde Steinen zum Autobahnanschluss in Goldau sowie als Verbindung zwischen den Gemeinden Steinen und Lauerz. Diese Funktion soll erhalten bleiben. Die Sägelstrasse hat schon vor Ausscheidung der oben genannten kantonalen und eidgenössischen Schutzgebiete als von Motorfahrzeugen befahrene öffentliche Strasse bestanden. Es handelt sich somit um eine altrechtliche Anlage, deren Bestand und Befahrung weiterhin gewährleistet sind. Auf diesen rechtlichen Sachverhalt stützt sich § 3 Bst. k der kantonalen Schutzverordnung, nach welchem die Sägelstrasse vom Verbot des Fahrens und Parkierens durch Unbefugte innerhalb des Schutzgebiets ausgenommen ist.

Mit der unter der Federführung des Umweltdepartements laufenden Nutzungsplanung „Moorlandschaft Sägel/Lauerzersee“ soll das kantonale Naturschutzgebiet aus dem Jahr 1986 auf die gesamte Moorlandschaft ausgedehnt und die Bestimmungen der in die Jahre gekommenen kantonalen Schutzverordnung an das aktuelle eidgenössische Moorschutzrecht angepasst werden. Im Rahmen dieser Nutzungsplanung geht es auch um Fragen der Besucherlenkung und um die Sicherheit des Langsamverkehrs auf der Sägelstrasse. Es wird nach Lösungen gesucht, die das Befahren der Sägelstrasse mit Motorfahrzeugen weiterhin zulassen, die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer, insbesondere für den Langsamverkehr, verbessern und die mit dem Moorlandschaftsschutz vereinbar sind. Derzeit werden ein Ausbau der Strasse unter Anlage eines Langsamverkehrsstreifens, die Anlage eines Holzstegs für Fussgänger, Massnahmen an der Strassenraumgestaltung, Teilfahrverbote sowie eine weitere Geschwindigkeitsbeschränkung und Verkehrskontrollen als Sofortmassnahmen geprüft.

    1. Wie beurteilt der Regierungsrat aufgrund der aktuellen Gesetzeslage und bundesrichterlichen Rechtsprechung die rechtliche Situation bezüglich des Wanderweges?

Der in der Frage angesprochene kantonale Wanderweg Lauerz – Goldau verläuft auf rund 50 Metern auf der asphaltierten Sägelstrasse. Daraus kann keine Ersatzpflicht abgeleitet werden, zumal der Ersatz mit grösseren Aufwendungen verbunden ist und sich diese, bei einer Interessenabwägung bei einer solch geringfügigen Wegstrecke als unverhältnismässig erweisen würde.

Der knapp 600 Meter lange Wegabschnitt zwischen Auli und Goldbach ist nicht Bestandteil des kantonalen Wanderwegnetzes. Es handelt sich dabei um einen von der Gemeinde Arth signalisierten Fussweg. Der kommunale Erschliessungsplan umfasst ausschliesslich die Bauzonen. Deshalb ist der Fussweg „Sägelstrasse“ weder im Erschliessungsplan der Gemeinde Arth ersichtlich, noch ist er im Reglement zum Erschliessungsplan aufgeführt.

Fusswege verlaufen häufig auf asphaltierten oder betonierten Wegabschnitten. Auch für den Fussweg lässt sich im vorliegenden Fall keine Ersatzpflicht ableiten. Fusswege müssen aber ersetzt werden, wenn sie auf einer längeren Strecke stark befahren sind. Auch aus diesem Grund hat sich das Umweltdepartement im Rahmen der laufenden Nutzungsplanung für die Moorlandschaft „Sägel/Lauerzersee“ damit befasst, die Voraussetzungen für die Bereitstellung einer für den Langsamverkehr sicheren Infrastruktur zu schaffen.

Solange noch nicht klar ist, welcher Art diese Infrastruktur sein wird, besorgt der Bezirk Schwyz als Strassenträger den nötigen Strassenunterhalt. Dazu gehört auch die jährliche Beseitigung von Schlaglöchern im Frühling. In den Jahren 2014 bis 2017 sind auf der Sägelstrasse drei Unfälle polizeilich registriert worden. Nur in einen dieser Unfälle war der Langsamverkehr (ein Velofahrer) involviert. Ein Einschreiten des Kantons im Rahmen seiner Aufsichtspflicht ist demgemäss nicht erforderlich.

    1. Ist die Ausnahme vom generellen Fahrverbot aus heutiger Sicht rechtlich (FWG, VBLN) haltbar?

Auch wenn sich die Situation des Langsamverkehrs auf der Sägelstrasse heute nicht befriedigend präsentiert, ist die Ausnahme vom generellen Fahrverbot aus oben ausgeführten Gründen auch aus heutiger Sicht rechtlich haltbar. Umwelt- und Baudepartement sowie der Bezirk Schwyz als Strassenträger haben das in der Anfrage angesprochene Problem erkannt. Im Rahmen der laufenden Nutzungsplanung für die Moorlandschaft „Sägel/Lauerzersee“ wird eine geeignete, mit dem Natur- und Landschaftsschutz vereinbare Lösung, erarbeitet.

Umweltdepartement des Kantons Schwyz

Departementsvorsteher

René Bünter

 

Zustellung an die Medien: 12. Oktober 2018

 

 


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