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Wirtschaft, Gesellschaft, Kunst und Militär über 10 000 Jahre

Archäologisch hochkarätige Funde im Kanton Schwyz

(BiD/i) Im Kanton Schwyz gab es 2020 drei archäologisch hochkarätige Entdeckungen und Untersuchungen: Eine europaweite Rarität ist ein rund 10 500 Jahre altes Kunstobjekt aus Hirschgeweih aus einem mittelsteinzeitlichen Jagdlager im Muotatal. Die jungsteinzeitliche Pfahlbausiedlung in Immensee war wohl ein Umschlagplatz für die Produktion von Steinbeilen in einem mitteleuropäischen Warenaustauschsystem. Nach einer Fundmeldung eines Paddlers bargen Archäologietaucher am ZürichseeUfer vor Freienbach ein Schwert mit Zubehör aus dem 16. Jahrhundert.

Muotatal: erst zweites Kunstobjekt aus Mittelsteinzeit in der Schweiz
Bei einer Sondiergrabung im Auftrag des Amts für Kultur (Staatsarchiv) des Kantons Schwyz stiessen Archäologen unter dem überhängenden Felsen «Flötzerbändli» im Bisistal, Gemeinde Muotathal, auf rund 10 500 Jahre alte Schichten eines Jagdlagers aus der frühen Mittelsteinzeit. Am 12. August 2020 kam ein auf zirka 8500 v. Chr. datiertes Kunstobjekt aus Hirschgeweih von extremer Seltenheit und internationaler Bedeutung zum Vorschein. Die Mittelsteinzeit gilt als eine Epoche, die äusserst arm ist an Bildern und Verzierungen – im Gegensatz zur vorausgehenden «jüngeren Altsteinzeit», wo zahlreiche Wandmalereien und Kleinkunstobjekte nachgewiesen sind. Schweizweit ist bisher erst ein Kunstobjekt aus der Mittelsteinzeit bekannt, das aber etwa 2500 Jahre jünger ist als das Stück aus dem Muotatal. Dieses rund 8 cm lange Fragment ist mit gebohrten Grübchen in sieben regelmässigen, schräg versetzten Doppelreihen verziert. Über deren Bedeutung wie auch über die Funktion des Knochenstücks kann nur spekuliert werden. Wenige Vergleichsfunde stammen aus Frankreich, Polen, Deutschland und Dänemark.

5000 Jahre alte Siedlung in Immensee mit wirtschaftlicher Sonderfunktion
Die Rettungsgrabung der am 21. August 2020 bei archäologisch begleiteten Bauarbeiten entdeckten, jungsteinzeitlichen Pfahlbausiedlung auf dem Gelände des ehemaligen Hotels Rigi Royal in Immensee hat grosses wissenschaftliches Potenzial und ist von europäischer Bedeutung. Auch handelt es sich um die erste bekannte neolithische Pfahlbausiedlung im inneren Kantonsteil. Trotz herausfordernden Umständen (Zeitrahmen, Wasserhaltung, COVID-19-Pandemie-Massnahmen) sollen die Grabungsarbeiten vor Ort bis Weihnachten abgeschlossen werden.
Die vom Amt für Kultur (Staatsarchiv) des Kantons Schwyz mandatierten Spezialisten im Bereich Feuchtbodenarchäologie der Stadt Zürich verfolgen in der Fundstelle in Immensee zahlreiche wissenschaftliche Themen. Schon jetzt gibt es eine Hypothese zur Deutung des Fundortes. Demnach handelt es sich um eine 5000 Jahre alte Ansiedlung mit wirtschaftlicher Sonderfunktion. Sie spielte vermutlich im mitteleuropäischen Warenaustauschsystem eine Rolle am Wasserweg zwischen Alpen und Mittelland. Sie war eine Art früher Umschlagplatz mit Anlegestelle für Rohmaterial, Halbfabrikate und Fertigprodukte von Beilen aus Grünstein, die als Statussymbole von Bedeutung waren. Viele weitere archäologische Erkenntnisse können aus den gut erhaltenen organischen Schichten gewonnen werden beispielweise zu Siedlungsbau, -struktur und -mobilität, gesellschaftlicher Gliederung, (Kunst-)Handwerk, Textilherstellung, Ackerbau, Viehhaltung und -ernährung, Jagd, Fischerei, Ökologie, Genetik, Parasitologie und Krankheitserregern.

Frühneuzeitliches Schwert samt Zubehör aus Zürichsee vor Freienbach
Ein Paddler wurde im April am Zürichsee-Ufer bei Freienbach (auf Gebiet des Klosters Einsiedeln) auf ein Objekt auf dem Seegrund aufmerksam und meldete den Fund umgehend dem Amt für Kultur (Staatsarchiv) des Kantons Schwyz. In dessen Auftrag konnte die Unterwasserarchäologie der Stadt Zürich ein Schwert, ein Beimesser, ein Pfriem (Ahle) und weitere Objekte bergen. Das rund 1,2 m lange Schwert ist gut erhalten, lediglich die Schwertspitze abgebrochen. Das «Schwertbesteck» lag am Fundort seitlich an der Unterseite des Schwertes. Dies bedeutet, dass dieses Schwert mitsamt seiner Lederscheide in den See gelangte. Die gedrehten Formen an Knauf und Parierstange des so genannten Schwertgefässes wie auch das Besteck sind Indizien dafür, dass es sich um eine Waffe aus der Mitte des 16. Jahrhunderts handelt. Die Länge des Griffs verweist auf einen «Anderthalbhänder», dessen Träger die Waffe mit einer oder beiden Händen führte, je nach Kampfweise. Formverwandte Schwerter findet man z.B. im Schweizerischen Nationalmuseum, so ein Schwert von 1560/1570 des Adam Näf aus Hausen am Albis ZH oder ein Fund aus dem Walensee bei Weesen SG. Zur erstgenannten Waffe sind die originale Lederscheide samt Besteck vorhanden.
Die Metallfunde von Freienbach wurden vorübergehend an die archäologische Konservierungsforschung des Schweizerischen Nationalmuseums in Affoltern am Albis ZH übergeben. Die Konservierung kann weitere Aufschlüsse z.B. zur Herkunft und dem Alter des Schwertes geben.

Bildungsdepartement
 


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