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Staatlich verordnete Verhinderung von Praktika

Beantwortung der Kleinen Anfrage KA 6/16

Staatlich verordnete Verhinderung von Praktika

Beantwortung der Kleinen Anfrage KA 6/16

1. Wortlaut der Kleinen Anfrage
Am 17. Februar 2016 reichte Kantonsrat Dominik Zehnder, Bäch, eine Kleine Anfrage mit folgendem Wortlaut ein:

„Jugendliche, die nach dem neunten Schuljahr keine Lehrstelle gefunden haben und nicht den Maturaweg einschlagen, haben die Möglichkeit ein zehntes Schuljahr zu absolvieren. Zweck dieses sogenannten Brückenangebots ist die Vertiefung des in den vorangegangenen neun Schuljahren Gelernten sowie die Überbrückung der Wartezeit bis die Lehre beginnt oder wieder nach Lehrstellen gesucht werden kann. Dabei handelt es sich um ein optionales Schuljahr, das folglich aufFreiwilligkeit beruht.
Wenn nun jemand vor Ablauf dieses 10. Schuljahres die Chance erhält, bei einer Firma ein bezahltes Praktikum zu absolvieren, was die Erfolgsaussichten für eine definitive Lehrstelle erhöht und dem Praktikanten die Möglichkeit gibt sich zu bewähren, scheint dies ohne administrative und drastische finanzielle Folgen nicht möglich zu sein. Ganz im Gegenteil wie im heutigen Höfner Volksblatt zu lesen war.

Am 17. Februar 2016 reichte Kantonsrat Dominik Zehnder, Bäch, eine Kleine Anfrage mit folgendem Wortlaut ein:

1. Stimmt es, dass Jugendliche im Kanton Schwyz eine „Gebühr“ (eigentlich eine Busse) von Fr. 1000.- bezahlen müssen, wenn sie während des 10. Schuljahrs vorzeitig ein Praktikum in einem Betrieb antreten?

2. Liegt es im Interesse der Lernenden und Zukünftig-Auszubildenden, dass die Chance eines bezahlten Praktikums zugunsten eines vollständig absolvierten, freiwilligen Überbrückungsjahrs ausgelassen werden muss?

3. Sieht die Regierung Wege, wie unseren Jugendlichen Praktika ermöglicht werden können, ohne dass mit administrativen und drastischen finanziellen Folgen gerechnet werden muss?

Vielen Dank für die Beantwortung meiner kleinen Anfrage.“

2. Antworten des Bildungsdepartements

2.1 Stimmt es, dass Jugendliche im Kanton Schwyz eine „Gebühr“ (eigentlich eine Busse) von Fr. 1000.- bezahlen müssen, wenn sie während des 10. Schuljahrs vorzeitig ein Praktikum in einem Betrieb antreten?

Das Reglement über die Brückenangebote an den Berufsfachschulen (SRSZ 622.122) definiert unter § 7a Abs. 3, dass bei Ausschluss oder unbewilligtem Austritt von der Schulleitung eine Gebühr von bis zu Fr. 1000.-- zu erheben sei. In der Ausbildungsvereinbarung, welche die Lernenden, respektive die Erziehungsberechtigten und ein Vertreter der Schule zu Beginn unterschreiben, wird darauf hingewiesen, dass der vollständige Unterrichtsbesuch bis zum Schuljahresende ein wichtiger Bestandteil ist. Die definitive Aufnahme erfolgt erst mit der Unterzeichnung der Ausbildungsvereinbarung.

Ebenfalls werden die Gebühren darin detailliert und transparent geregelt. Somit ist bei einem unbewilligten Austritt vor den Herbstferien eine Gebühr von Fr. 500.--, zwischen Herbst- und Weihnachtsferien eine von Fr. 800.-- und nach den Weihnachtsferien eine von Fr. 1000.-- zu entrichten. Die Brückenangebote im Kanton Schwyz bieten drei verschiedene Profile an. Die Lernenden im kombinierten Brückenangebot Profil A besuchen an einem Tag pro Woche den Schulunterricht am Berufsbildungszentrum Pfäffikon (BBZP). An vier weiteren Tagen pro Woche absolvieren sie ein Praktikum in einem Betrieb. Die Lernenden im kombinierten Brückenangebot Profil B besuchen an zwei Tagen pro Woche den Schulunterricht am BBZP. An drei weiteren Tagen pro Woche absolvieren sie ein Praktikum in einem Betrieb. Das Ziel des schulischen Brückenangebotes ist die optimale Vorbereitung der Schulabgängerinnen und Schulabgänger auf die Berufsbildung oder eine andere adäquate Anschlusslösung. In diesem Angebot ist kein fixer Praxisanteil vorgesehen, die Lernenden besuchen in der Regel fünf Schultage pro Woche an den Standorten Pfäffikon oder Goldau.

2.2 Liegt es im Interesse der Lernenden und Zukünftig-Auszubildenden, dass die Chance eines bezahlten Praktikums zugunsten eines vollständig absolvierten, freiwilligen Überbrückungsjahrs ausgelassen werden muss?

Entgegen der Formulierung in der Einleitung zu dieser Anfrage geht es beim Besuch eines Brückenangebotes nicht bloss darum, die Wartezeit bis zum Lehrbeginn zu überbrücken, sondern Lehrstellen zu finden und die Lernenden bestmöglich auf diese vorzubereiten. Dazu gehört das Füllen von schulischen Lücken, das Vertiefen und Ergänzen der Lerninhalte der vorangegangenen Schuljahre sowie die systematische Förderung der Methoden-, Selbst- und Sozialkompetenzen. Die Lernenden werden während des Brückenjahres individuell begleitet. Im Rahmen des schulischen Brückenangebotes sind ebenfalls beschränkte Praktikumseinsätze eingeplant. Inhalte des schulischen Brückenangebotes sind unter anderem:

– Eine Woche Betriebspraktikum, vorzugsweise im gewünschten, zukünftigen Berufsfeld oder in einem verwandten Berufsfeld.
– Weitere Praktikas sind möglich und erwünscht, wenn sie zur Vorbereitung auf eine Berufsausbildung dienen.
– Individuelle Begleitung bei der Lehr- und Arbeitsstellensuche durch einen Coach.

In der Regel werden bei einer beruflichen Grundbildung Lehrverträge vor Abschluss des Brückenangebotes abgeschlossen. Der Lehrbetrieb hat dementsprechend seinen Entscheid gefällt und ein zusätzliches Praktikum macht keinen Sinn. Im konkreten Fall, welcher zu dieser Kleinen Anfrage geführt hat, wurde der Lehrvertrag bereits im November des Vorjahres abgeschlossen. Wenn Lernende aufgrund von personellen Engpässen im Lehrbetrieb angefragt werden, vorzeitig aus dem Brückenangebot auszutreten und der Lehrbetrieb sie vorab im Rahmen eines umstrittenen Praktikumsvertrages zu einem kleinen Lohn anstellen möchte, stehen wir diesem Ansinnen zurückhaltend gegenüber.Die reglementierte Lehrzeit für die Ausbildung ist ausreichend und erfordert kein vorgängiges Praktikum. Zudem profitieren die Lernenden davon, wenn sie im Rahmen des Brückenangebots ihre schulischen Fähigkeiten ausbauen können, um bestmöglich in die berufliche Ausbildung zu starten.

2.3 Sieht die Regierung Wege, wie unseren Jugendlichen Praktika ermöglicht werden können, ohne dass mit administrativen und drastischen finanziellen Folgen gerechnet werden muss?

Wie bereits unter den vorgängigen Fragestellungen erwähnt, besteht die Möglichkeit, dass Lernende des Brückenangebotes bei Bedarf Praktika absolvieren können. Die Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Angeboten ist gegeben. Der Umfang der Praktika ist je nach gewähltem Angebot unterschiedlich. Um den Lernenden den bestmöglichen Einstieg in die berufliche Ausbildung zu ermöglichen, sind alle Angebote mit Schulunterricht kombiniert.

Die Brückenangebote bieten eine beschränkte Anzahl Plätze für Lernende an, die keine passende Anschlusslösung gefunden haben, aber den Willen mitbringen, sich aktiv, interessiert und zielorientiert schulisch und persönlich weiterzuentwickeln, um eine Lehre oder eine weiterführende Schule in Angriff nehmen zu können. Dafür stellt der Kanton die entsprechende Infrastruktur zur Verfügung und engagiert qualifizierte Lehrpersonen. Für die Planung dieser Angebote ist es unabdingbar, dass diese auf ein ganzes Schuljahr ausgerichtet werden kann.

Wenn während dem Brückenjahr laufend Lernende das Angebot verlassen, bedeutet dies für die Organisation einen zusätzlichen Aufwand. Zudem ist dies ungerecht gegenüber Lernenden, die abgelehnt werden mussten, weil die Klasse zu Beginn des Schuljahres bereits ausgebucht war. Schliesslich stellt sich die Frage, ob ein vorzeitiger Austritt Sinn macht und der Schülerin, dem Schüler Vorteile verschafft oder eher Nachteile. Um keine Präzedenzfälle zu schaffen, verfolgt das Bildungsdepartement in dieser Frage eine konsequente Linie, indem bei der Beurteilung solcher Fälle zum Wohle und zu Gunsten der Schülerinnen und Schüler entschieden wird.

Bildungsdepartement des Kantons Schwyz


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