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Umfahrung Pfäffikon wird nicht realisiert

 

Brunnen, 16. September 2013

Umfahrung Pfäffikon wird nicht realisiert

 

(BD/i) Veränderte Rahmenbedingungen und massive Mehrkosten haben den Schwyzer Regierungsrat dazu bewogen, von einer Realisierung der Umfahrung Pfäffikon abzusehen. Die intensive Zusammenarbeit von Kanton und Höfner Gemeinden zu einer ganzheitlichen Lösung der Verkehrsprobleme geht aber weiter.

Der Regierungsrat des Kantons Schwyz und die Gemeinde Freienbach sind nach eingehenden Gesprächen gemeinsam übereingekommen, das Bauprojekt «Umfahrung Pfäffikon» nicht weiterzuverfolgen. Dies erklärte der Vorsteher des kantonalen Baudepartements, Othmar Reichmuth, am Montag, 16. September 2013, an einer Medienorientierung in Pfäffikon.

Kanton und Gemeinde betrachten diesen Beschluss als wegweisend für die verkehrliche Zukunft im Ausserschwyzer Bezirk Höfe. Für die weitere Planungsarbeit besteht nun eine klare Ausgangslage. Text

Vereinbarung Masterplan Höfe
Im Mai 2004 haben der Kanton Schwyz sowie die Gemeinden Freienbach und Wollerau die Vereinbarung Masterplan Höfe unterzeichnet. Damit sollte die Siedlungsentwicklung und die Verkehrsinfrastruktur gemeindeübergreifend aufeinander abgestimmt werden. Der Masterplan umfasst als ein zentrales Element die Umfahrung Pfäffikon.

Zwischen 2006 und 2007 liess der Kanton Schwyz für die Umfahrung ein Vorprojekt erstellen. Die Umfahrungstrasse sollte die zu Spitzenzeiten überlastete Churerstrasse vom Durchgangsverkehr entlasten.

Das Projekt sah eine Linienführung entlang der Bahn-Geleise vor. Das Bahn-Areal sollte in einem Tagbautunnel unterfahren werden. Als Anschlüsse waren im Bereich Schweizerhof im Osten sowie im Bereich Unterdorfstrasse im Westen zwei Kreisel geplant.

Nach der Ausarbeitung des Vorprojekts wurde 2008 eine Kooperationsvereinbarung zwischen dem Kanton Schwyz und der Gemeinde Freienbach ausgehandelt. Diese Vereinbarung regelte die Finanzierung bzw. Kostenverteilung. Der Kanton Schwyz hätte 62 Prozent, die Gemeinde Freienbach 38 Prozent der Umfahrungsstrasse finanziert. Text

Umfahrung teurer als erwartet
Das Vorprojekt ging von Kosten in der Höhe von 133 Mio. Franken aus. Im Jahr 2010 zeigte sich bei der Ausarbeitung des Bauprojekts, dass der Baugrund schlechter ist als ursprünglich angenommen. Es zeichnete sich ab, dass sich die Kosten auf rund 270 Mio. Franken verdoppeln würden. Im Mai 2010 hat die Regierung die Bevölkerung darüber informiert, dass sie das Bauprojekt aus diesem Grund sistieren wird. Bis zu diesem Zeitpunkt fielen Planungskosten in der Höhe von 6,5 Mio. Franken an.

Im Juni des gleichen Jahres entschied sich der Souverän von Freienbach an der Urne gegen einen Projektierungskredit für einen neuen Zubringer zum geplanten Autobahnanschluss Wollerau (Fällmistunnel). Somit waren gleich zwei wichtige Pfeiler der Verkehrsoptimierung in Frage gestellt, es entstand eine Patt-Situation.

Dialog mit Bevölkerung gesucht
Kanton und Höfner Gemeinden haben in der Folge entschieden, ein unabhängiges Institut mit einer repräsentativen Befragung der Bevölkerung zu beauftragen. Ziel war es, in Erfahrung zu bringen, warum die Verkehrsoptimierung Höfe so wenig Akzeptanz gefunden hat.

Das Resultat der Umfrage führte zu einem zweistufigen intensiven Dialog mit der Bevölkerung: zuerst der Höfner Dialog, gefolgt vom Freienbacher Dialog. In diesem partizipativen Prozess wurde neben anderen Projekten die Umfahrung Pfäffikon kontrovers diskutiert. Unter anderem wurde aufgrund der veränderten finanziellen Perspektiven das Kosten-Nutzenverhältnis infrage gestellt.

Gemeinderat teilt Auffassung der Regierung
Die Gemeinde Freienbach kann die Argumentation des Kantons nachvollziehen, wie Gemeindepräsident Daniel Landolt an der Medienorientierung erklärte. Der Gemeinderat sei ebenfalls zum Schluss gekommen, dass die Umsetzung des Projekts unter den gegebenen Umständen keinen Sinn mehr macht.

Das Bauprojekt des Kantons sah einen 430 Meter langen Tunnel vor, der das Bahnhofareal unterquert hätte. Die Gemeinde ihrerseits hatte eine Variante «Tunnel lang» favorisiert, womit auch die östlichen Wohngebiete unterfahren worden wären. Die anfallenden Mehrkosten hätte die Gemeinde Freienbach vollumfänglich selber tragen müssen – wodurch das Projekt zusätzlich teurer geworden wäre.

Weg für ganzheitliche Lösung ist frei
Nach diesem wegweisenden Entscheid wollen Kanton und Höfner Gemeinden die Zusammenarbeit für eine ganzheitliche Lösung der Verkehrsprobleme weiterführen. Für den Kanton Schwyz hat die Entlastung von Pfäffikon Priorität.

Regierungsrat Othmar Reichmuth betonte, dass sich der Kanton seiner Verantwortung bewusst ist und dass er an einer Lösung arbeitet. Das Tiefbauamt prüft rasch umzusetzende Massnahmen zur Verbesserung des Verkehrsflusses im Bereich Löwen-Kreuzung und Unterdorfstrasse.

Testplanung für Pfäffikon Ost
Zudem wird anfangs 2014 eine sogenannte Testplanung für Pfäffikon Ost inklusive Bahnhof gestartet. Eine Testplanung ist eine Methode zur Erarbeitung von Ideen und Lösungsvorschlägen für die Raumgestaltung im städtebaulichen Entwicklungsgebiet. Experten-Teams aus verschiedenen Fachrichtungen werden eingeladen, im Wechselspiel von Entwurf und Kritik Nutzungsmöglichkeiten für innerstädtische Entwicklungsflächen zu ergründen. Die Gemeinde Freienbach hat die Bevölkerung im Juli 2013 bereits in einer Medienmitteilung über das Vorhaben informiert.

Auftraggeber für die Testplanung sind Kanton und Gemeinde in Zusammenarbeit mit dem Bund und den Grundeigentümern. Um die Finanzierung sicherzustellen, wurden Verhandlungen mit der Korporation Pfäffikon als wichtigstem Grundeigentümer im Gebiet Pfäffikon Ost geführt. Die Methode der Testplanung wurde in der Schweiz bereits mehrfach erfolgreich angewandt, im Kanton Schwyz letztmals für die Urmibergachse im Gebiet der Gemeinden Schwyz und Ingenbohl.

Vollanschluss mit Zubringer auf Kurs
Als langfristige Massnahme zur Entspannung der verkehrlichen Situation in Ausserschwyz ist unter anderem der Ausbau des Autobahnanschlusses Halten zum Vollanschluss und der Bau eines leistungsfähigen Zubringers geplant. Die Vorbereitungen für die Auslösung eines Vorprojekts für den Zubringer laufen (siehe Kastentext).

Baudepartement

 

Zubringer Halten: Vorprojekt wird gestartet

Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) hat Bereitschaft signalisiert, den Anschluss Halten auszubauen. Bedingung ist die gleichzeitige Realisation eines leistungsfähigen Zubringers durch den Kanton Schwyz. Im Rahmen eines Mitwirkungsprozesses haben sich bis zu 100 direkt und indirekt Betroffene mit der Linienführung auseinandergesetzt: Grundeigentümer, Stockwerkeigentümer, Pächter, Anwohner, Vereinsvertreter und Verbände.

Tunnel-Lösung für Halten bevorzugt

Im Verlauf des Mitwirkungsprozesses kristallisierten sich für den Zubringer Halten aus mehreren Dutzend Vorschlägen zwei mehrheitsfähige Varianten heraus: eine mit Hochbrücke und Anschluss an die Wilenstrasse (Kostenschätzung: circa 20 Mio. Franken) und eine mit Tunnel und Anschluss an die Wolleraustrasse (Kostenschätzung: circa 90 Mio. Franken).

Für die erste Variante sprechen primär das gute Kosten-Nutzen-Verhältnis. Für die zweite Variante sprechen der Landschaftsschutz und die geringere Lärmbelastung. In der verkehrlichen Wirkung unterscheiden sich die beiden Varianten gemäss den beauftragten Verkehrsplanern kaum.

An der letzten Mitwirkungsveranstaltung vom 16. Mai 2013 sprach sich eine Mehrheit für die Tunnellösung aus. Als Vorsteher des kantonalen Baudepartements wurde Regierungsrat Othmar Reichmuth beauftragt, diese Variante dem Gesamtregierungsrat als Empfehlung zu unterbreiten. Dass sich die direkt und indirekt betroffenen Personen auf eine Variante verständigen konnten, konnte als Erfolg gewertet werden.

Vorprojekt wird gestartet

Reichmuth versprach, das Anliegen ernst zu nehmen. Er zeigte Verständnis für den Wunsch einer Tunnellösung, gab aber auch zu bedenken, dass die Realisierung auf verschiedenen Ebenen scheitern kann. Neben dem Gesamtregierungsrat gilt es, auch den Kantonsrat und die Bevölkerung vom Vorhaben zu überzeugen, die über den Kredit bestimmen.

Um die bestmögliche Variante zu eruieren, haben das Baudepartement und die Gemeinde Freienbach beschlossen, sowohl für die Tunnel-Variante wie auch für die Variante mit Hochbrücke ein Vorprojekt zu starten. Mit einem vertretbaren finanziellen Aufwand werden beide Projekte soweit ausgearbeitet, bis auf verlässlicher Basis ein definitiver Variantenentscheid gefällt werden kann.

 

Wiler Verkehrsgespräch: Lösung gemeinsam erarbeiten

2010 lehnten die Stimmbürger von Freienbach den sogenannten Fällmistunnel ab – den Zubringer zu einem neu zu erstellenden Autobahnanschluss im Gebiet Öltrotte in Wollerau. Diese Lösung hätte Wollerau entlastet, weil gleichzeitig der Autobahnanschluss im Dorfzentrum geschlossen worden wäre.

Das Freienbacher Nein hängt unter anderem damit zusammen, dass die Bevölkerung im Ortsteil Wilen Mehrverkehr befürchtete. Weil der Wilener Bevölkerung in der Lösung der Ausserschwyzer Verkehrsprobleme eine Schlüsselrolle zukommt, haben der Kanton Schwyz und die Gemeinde Freienbach das Wiler Verkehrsgespräch initiiert.

Nach einer öffentlichen Veranstaltung im Dezember 2012 mit über 100 Teilnehmern aus Wilen wurde eine Mitwirkungsgruppe gebildet. Diese bestand zuerst aus Vertretern der Wilener Bevölkerung, aus Abgeordneten der Ortsparteien und der IG Freizeit Wilen, Vertretern der Tiefbaukommission Freienbach sowie aus Behördenmitgliedern und Fachleuten des Kantons und den Gemeinden.

In der Mitwirkungsgruppe wurde der Wunsch geäussert, die Einwohner von Wollerau miteinzubeziehen: An der letzten Veranstaltung vom Dienstag, 10. September 2013, waren sie erstmals mit dabei.

Regierungsrat Othmar Reichmuth erklärte, dass der Fällmistunnel sowie die anderen Varianten noch einmal überprüft werden sollen. Das kantonale Baudepartement hat das Ingenieur-Büro Emch+Berger mit einem Variantenvergleich beauftragt. Verkehrsplaner Guido Rindsfüser erläuterte das Vorgehen und die zur Anwendung gelangenden Kriterien.

Die Abklärungen sind für Othmar Reichmuth legitim, da sich seit 2010 die Rahmenbedingungen geändert haben. Der Bau des Zubringers Halten hat für den Regierungsrat heute erste Priorität. Zudem fand in den vergangenen drei Jahren eine beachtliche Siedlungsentwicklung statt.

An der Veranstaltung vom 10. September 2013 nutzten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich aktiv einzubringen und festzuhalten, was ihnen am weiteren Vorgehen wichtig ist. Unter anderem wünschen sie, dass eine erneute Überprüfung des Fällmistunnels sowie der anderen Varianten unter Berücksichtigung der Siedlungsentwicklung und auf Basis aktualisierter Verkehrszahlen stattfinden wird.

Die Gesprächsbereitschaft war seitens der Wilener wie auch seitens der Wollerauer Bevölkerung gross. Man ist sich bewusst, dass eine ganzheitliche Lösung nur gemeinsam erarbeitet werden kann.

 


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