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Beistandschaften

Voraussetzungen

Eine Beistandschaft für erwachsene Personen wird nur dann angeordnet, wenn bei der betroffenen Person ein Schwächezustand und ein Schutzbedarf besteht.

Schwächezustand

Der Gesetzgeber bezeichnet geistige Behinderung, psychische Störungen oder ein ähnlicher in der Person liegender Schwächezustand als Voraussetzung für die Errichtung einer Beistandschaft (Art. 390 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB). Ebenfalls kann bei vorübergehender Urteilsunfähigkeit oder Ortsabwesenheit eine Beistandschaft errichtet werden, wenn für die betroffene Person Angelegenheiten zu erledigen sind und sie nicht selber handeln kann und keine Vertretung zu bezeichnen vermag (Art. 390 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB).
In der Praxis sind folgende Gründe sehr oft Anlass, um eine Beistandschaft zu prüfen:

  • wenn jemand mit einem Geburtsgebrechen (z.B. Trisomie 21) volljährig wird;
  • nach Unfällen, wenn jemand auf längere Zeit nicht mehr selber handeln kann, z.B wenn die betroffene Person im Koma liegt;
  • wenn eine Krankheit die Denkfähigkeit schwer beeinträchtigt, z.B. bei Hirnschlag, Demenzerkrankungen oder nach einer schweren Hirnhautentzündung;
  • bei schweren psychischen Erkrankungen wie z.B. Schizophrenie, schweren Depressionen oder bipolaren Störungen

Schutzbedarf

Sehr viele Menschen können trotz schwerer Erkrankungen und/oder Beeinträchtigungen ihren Alltag und ihre Angelegenheiten selber erledigen oder selber die erforderliche Hilfe organisieren. In solchen Situationen ist kein staatliches Eingreifen erforderlich. Ein Schutzbedarf liegt dann vor, wenn alle der folgenden Punkte bei der betroffenen Person zutreffen:

  • kann ihre Angelegenheiten nur noch teilweise oder gar nicht mehr selber besorgen;
  • die Unterstützung der betroffenen Person durch Familie, Bekannte oder professionelle Hilfsangebote auf freiwilliger Basis reicht nicht aus;
  • es besteht keine eigene Vorsorge in Form einer Patientenverfügung und/oder eines Vorsorgeauftrages
  • die gesetzliche Vertetung durch Angehörige reicht nicht aus.

Gesetzestext (Art. 389 ZGB)

Massschneiderung

Jede behördliche Massnahme muss für die betroffene Person erforderlich, geeignet und angemessen sein. Das heisst, die Beistandschaft ist individuell auf die Bedürfnisse der betroffenen Person zuzuschneiden. Die Aufgabenbereiche und Kompetenzen der Beiständin oder des Beistandes müssen entsprechend definiert werden. Das Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Person soll nur soweit eingeschränkt werden, wie es zu ihrem Schutz nötig ist. Es gilt der Grundsatz: so viel staatliche Fürsorge wie nötig, so wenig staatlicher Eingriff wie möglich.

Aufgabenbereiche

Die Aufgabenbereiche des Beistandes oder der Beiständin können die Personensorge, die Vermögenssorge oder den Rechtsverkehr betreffen (Art. 391 Abs. 2 ZGB).

Personensorge

Unter der Personensorge werden die verschiedenen Lebensbereiche wie Wohnen, Arbeit, Tagesstruktur, Gesundheit, Betreuung und Pflege verstanden.

Vermögenssorge

Die Vermögenssorge kann das Vermögen und das Einkommen umfassen.

Rechtsverkehr

Als Rechtsverkehr werden die üblichen administrativen Arbeiten wie das Ausfüllen der Steuererklärung oder eine Anmeldung zum Bezug von Ergänzungsleistungen verstanden. Dazu gehören jedoch auch Rechtsgeschäfte wie zivil- oder strafrechtliche Verfahren und der Abschluss öffentlich beurkundeter Verträge wie Liegenschaftsverkäufe.

Art der Beistandschaft

Über die Art der Beistandschaft wird bestimmt, welche Kompetenzen der Beistand oder die Beiständin hat.

Begleitbeistandschaft

Die Begleitbeistandschaft kann nur mit Zustimmung der betroffenen Person angeordnet werden. Wie der Name bereits sagt, kann der Beistand oder die Beiständin im Rahmen der Begleitbeistandschaft die betroffene Person begleiten und ihr mit Rat zur Seite stehen. Der Beistand oder die Beiständin kann die betroffene Person auf deren Wunsch hin auch zu Terminen bei Behörden, Beratungsstellen etc. begleiten. Im Rahmen einer Begleitbeistandschaft darf der Beistand oder die Beiständin nur mit Zustimmung der betroffenen Person Handlungen für sie vornehmen. Der Beistand oder die Beiständin hat also kein Vertretungsrecht, die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person ist nicht eingeschränkt.
In der Praxis wird die Begleitbeistandschaft oftmals für Aufgabenbereiche der Personensorge, also z.B. für die Begleitung im Bereich Wohnen, Gesundheit oder Arbeit angeordnet.

Vertretungsbeistandschaft

Eine Vertretungsbeistandschaft wird errichtet, wenn die betroffene Person bestimmte Aufgaben nicht mehr selber erledigen kann und deshalb vertreten werden muss. Im Rahmen der Vertretungsbeistandschaft kann der Beistand oder die Beiständin für die betroffene Person handeln. Die betroffene Person muss sich diese Vertretungshandlungen des Beistands oder der Beiständin anrechnen lassen. Die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person ist durch die Vertretungsbeistandschaft grundsätzlich nicht eingeschränkt. Die Erwachsenenschutzbehörde kann allerdings die Handlungsfähigkeit einschränken, wenn das erforderlich ist.
Sehr oft wird die Vertretungsbeistandschaft für die Aufgabenbereiche Einkommens- und Vermögensverwaltung sowie für den Rechtsverkehr angeordnet. Damit ist der Beistand oder die Beiständin in der Lage, die finanziellen und administrativen Interessen der betroffenen Person zu wahren, indem sie anstelle der betroffenen Person handelt.

Mitwirkungsbeistandschaft

Die Mitwirkungsbeistandschaft funktioniert wie eine Bankvollmacht mit Unterschrift zu zweien. Die betroffene Person und der Beistand oder die Beiständin kann nur mit dem Einverständnis des anderen handeln. In denjenigen Aufgabenbereichen, in denen eine Mitwirkungsbeistandschaft angeordnet wird, ist die die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person eingeschränkt.
Die Mitwirkungsbeistandschaft kommt in der Praxis nur selten vor. Sie dient dazu, die betroffene Person vor sich selber zu schützen. Dies kann z.B. nötig sein, wenn die betroffene Person an einer bipolaren Störung leidet. Im Rahmen dieser Erkrankung kann es sein, dass jemand in einer manischen Phase Verträge abschliesst, welche nicht erfüllt werden können oder gegen die eigenen Interessen sind. Der Beistand oder die Beiständin verweigert dann die Zustimmung zum entsprechenden Vertrag und verhindert so, dass sich die betroffene Person selber schadet.

Kombination von Beistandschaften

Begleit-, Vertretungs- und Mitwirkungsbeistandschaft können miteinander kombiniert werden. Damit können die Erwachsenenschutzmassnahmen für die betroffene Person sehr präzise massgeschneidert werden. Eine solche Kombination kann z.B. darin bestehen, dass für die betroffene Person im Bereich Wohnen eine Begleitbeistandschaft angeordnet wird, für die Einkommens- und Vermögensverwaltung sowie administrative Angelegenheiten eine Vertretungsbeistandschaft und für den Abschluss von Verträgen ab einer bestimmten Höhe eine Mitwirkungsbeistandschaft.

Umfassende Beistandschaft

Die umfassende Beistandschaft wird errichtet, wenn eine Person dauerhaft urteilsunfähig und in besonderem Ausmass hilfsbedürftig ist und sich mit ihren Handlungen immer wieder gefährdet. Die umfassende Beistandschaft bezieht sich auf alle Aufgabenbereiche. Die Beiständin oder der Beistand entscheidet und vertritt die betroffene Person in allen Bereichen. Die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person entfällt.
In der Praxis ist es meistens so, dass Personen, die dauerhaft urteilsunfähig und in besonderem Ausmass hilfsbedürftig sind, sich kaum selber gefährden. Dies weil sie meistens in einer Institution leben, welche bereits einen Schutz bietet, andererseits weil für Dritte offensichtlich ist, dass die betroffene Person nicht in der Lage ist, ein Rechtsgeschäft abzuschliessen. Darum kann der erforderliche Schutz in den allermeisten Situationen durch die Kombination von Begleit-, Vertretungs- und Mitwirkungsbeistandschaften erreicht werden. Entsprechend wird die umfassende Beistandschaft nur sehr selten angeordnet.

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